Während meiner letzten Tätigkeit als Einkäuferin für ökologisch erzeugte Agrarrohstoffe habe ich viele Bio-Landwirte kennenlernen dürfen, die mit unglaublich viel Leidenschaft und Energie eigene Projekte initiiert haben –von der Solidarischen Landwirtschaft bis hin zu Wiederansiedlungsbemühungen von in Sachsen verlorengegangenen Pflanzenarten. Diese Menschen beeindrucken mich bis heute und weckten bereits damals den Wunsch in mir, selbst eine Möglichkeit zu finden, wie sich Umwelt- und Artenschutz mit einem eigenem Projekt verbinden lassen.
Einen Weinberg zu besitzen bedeutet in erster Linie viel Arbeit, und zwar Handarbeit, die ich anfangs sehr unterschätzt habe. Nach meinem ersten Ernteeinsatz auf dem Weinberg wurde mir klar, was die kleinen Weinbauern hier in ihrer Freizeit leisten – und das bis ins hohe Alter.
Mit dem Ende meiner Einkaufstätigkeit stand auch schon die neue Weinlese vor der Tür – und so habe ich mir bereits während des Traubenschneidens meine ersten Gedanken gemacht.
Wir machen keinen guten Wein. Eigentlich machen wir gar keinen Wein. Ein ganzes Jahr lang kümmern wir uns um die Trauben. Der Weinberg muss gesund erhalten werden, die Qualität muss hoch sein und die Auflagen werden immer mehr. Nach der Ernte erhalten wir ein immer geringeres Traubengeld für unsere Arbeit. Winzer im Nebenerwerb ist für uns ein teures Hobby geworden.
Die Trauben einfach abgeben und sich nicht um die Vermarktung kümmern ist natürlich das Einfachste. Kein weiteres Risiko. Auf der anderen Seite ist es kein Geheimnis, dass die Veredlung und Weiterverarbeitung lukrativer und effektiver als die Urproduktion sind. Also doch das Hobby zum Beruf machen? Ohne Unternehmerumfeld und mit einem sicheren Job?
Nach langem Überlegen, Recherchieren und Analysieren bin ich bei Süßwaren hängengeblieben. Und in kurzer Zeit hat sich die heimische Küche in ein Chaos aus Trichtern, Förmchen, Töpfen und Löffeln verwandelt.
Mehr als ein Jahr wurde mit Wein experimentiert.
Mit einer Mischung aus Euphorie und Unbehagen bin ich mit meinen ersten Weingummi-Würfeln raus in die Welt gegangen. Bereits in der ersten Vinothek bekam ich die Rückmeldung: “Das schmeckt wie Tortenguss!” Okay, vielleicht war auch noch ein bisschen Naivität in der Mischung. Ohne Hilfe kam ich hier jedenfalls nicht weiter. Ohne Geld auch nicht.
Und heute? Ich bin die erste Winzerin in Deutschland, die Weingummi macht. Ich habe es geschafft, ein Unternehmen mit Mitarbeitern aufzubauen. Die Stadt Meißen ist jetzt nicht mehr nur die Wiege Sachsens, sondern auch die Wiege des Sächsischen Weingummis. Und der Weinberg? Ist längst kein teures Hobby mehr.